Gleichgewichtstraining mit dem Kinderlaufrad

Das Laufrad hat den Kinderroller und das Dreirad längst abgehängt. Lange Zeit waren Dreirad und Roller die Fortbewegungsmittel der Wahl, um auf das spätere Fahrradfahren gut vorzubereiten. Seit einigen Jahren jedoch erfreut sich das Kinderlaufrad -insbesondere in Deutschland- immer größer werdender Beliebtheit. Und das zu Recht.

Das Laufrad bzw. Kinderlauflernrad kann bei Kindern deutlich früher zum Einsatz kommen, als der Roller (Laufrad mit ca. 2 Jahren, Roller erst ab ca. 3 Jahren). Darüber hinaus sind die Bewegungsabläufe und das "Gleichgewichtstraining" auf dem Laufrad, denen des Fahrradfahrens, sehr viel ähnlicher. Das Kind kann mit einem Laufrad den Gleichgewichtssinn üben und trainieren, denn die sitzende Position, der Antrieb durch beide Beine bzw. Füße und das Fahrverhalten auf dem Laufrad sind mit dem wirklichen Radfahren fast gleich.

Ab wann ist ein Laufrad für des Kind sinnvoll?

Wichtigste Voraussetzungen für das Laufradfahren bei Kindern sind:

  • Sicheres Laufen und gutes Stehvermögen des Kindes
  • Ausreichende Körpergröße bzw. Schrittlänge

Das bedeutet, dass das Alter des Kindes nur eine sehr grobe Orientierung geben kann und das der tatsächliche Entwicklungsstand, körperlich wie motorisch, wesentlich entscheidender ist. Durchschnittlich lässt sich etwa das Alter von ca. 2 Jahren (beginnendes 3. Lebensjahr) als Zeitpunkt nennen, ab dem Kinder i.d. Regel schon so sicher laufen können, dass sie bereit dazu sind, neue Bewegungsabläufe zu lernen.

Schrittlänge ist entscheidendes Maß

Kinder sollten von ihrer Größe bzw. ihrer Schrittlänge auf einem Laufrad eigenständig sitzen können und mit beiden Füßen -über die ganze Sohle- sicher am Boden stehen. Dabei sollten die Beine leicht angewinkelt sein, um ausreichend Hubweg zu haben, der es dem Kind ermöglicht, sich mit den Beinen vom Boden nach vorn abzustoßen.
Auch wenn es Durchschnittswerte zu Alter, Körpergröße und Schrittlänge der Kinder gibt, so variieren doch oft die Proportionen mit langem Oberkörper und kurzen Beinen oder umgekehrt. Messen Sie deshalb in jedem Fall selbst nach und beherzigen Sie unsere Ausführungen in unten stehender Tabelle!

Minimale Sattelposition ist auch beim Laufrad die wichtigstte Einstellgröße

Sie entscheidet über den sicheren und komfortablen Sitz Ihres Kindes und zeigt an, ob Ihr Kind sich auch gut abstoßen kann. Wenigstens 2 cm sollte die minimale Sitzhöhe unter der Schrittlänge liegen.
Beachten Sie aber bitte auch, dass die für die Laufradmodelle angegebene minimale Sitzhöhe (z.B. Puky LRM mit 29 cm) nicht im Umkehrschluss bedeutet, dass bereits einjährige Kinder, die rein körperlich die nötige Schrittlänge erreichen, Laufrad fahren können oder sollen. Aus unserer Sicht sollten Laufräder den Kindern frühestens mit 18-24 Monaten angeboten werden - bis zu diesem Alter gibt es mit dem Rutscher eine sinnvollere Alternative. Die nachfolgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick.

Tabelle: Rutscher-/Laufradmodelle in Relation zu den relvanten körperlichen Größen am Beispiel Puky (Durchschnittswerte - unbedingt selbst messen!)


Kindesalter Körpergröße Schrittlänge Sitzhöhe höchstens Fahrzeugmodelle am Beispiel Puky
1 - 1,5 Jahre 86 cm 33 cm 31 cm Racer + Pukylino, Fitsch, Wutsch
1,5 - 2 Jahre 92 cm 37 cm 35 cm Fitsch, Wutsch + LRM
2 - 3 Jahre 98 cm 40 cm 38 cm LRM + LR1
3 - 4 Jahre 104 cm 44 cm 44 cm LR1 + LR XL

Das Fahren auf dem Laufrad kommt von ganz allein

Viele Kleinkinder, die erstmals mit einem Laufrad in Berührung kommen, beginnen damit, das Laufrad zu schieben. Eltern sind dann häufig irritiert und verunsichert, ob es vielleicht doch zu früh war, das Laufrad zum Einsatz zu bringen.
Entsprechend ihrem Sicherheitsbedürfnis und ihrem Ansatz alle neuen Dinge spielerisch zu erkunden, tun Kinder damit aber genau das richtige. Lassen Sie Ihrem Kind die Zeit, die es braucht, um sich auf etwas Neues einzulassen! Kinder haben meist -im Vergleich zu uns Erwachsenen- ein sehr viel "gesünderes" Herangehen an neue Herausforderungen und kennen ihre Grenzen und das, was sie sich zutrauen, recht gut. Ob es also ein paar Minuten dauert, bis Ihr Kind den Weg in den Sattel findet, oder ein paar Wochen, ist vollkommen zweitrangig. Ihr Kind darf sich alle Zeit nehmen.

Ist es dann so weit und sitzt das Kind auf dem Laufrad, heißt die Regel: Übung macht den Meister! Je nachdem, wie stark die motorischen Fähigkeiten bereits ausgeprägt sind, kann es sein, dass schon nach kurzer Zeit beachtliche Strecken in gleichgewichtiger Fahrt und ohne Bodenkontakt zurückgelegt werden. Genau hier liegt auch die besondere und vortreffliche Eigenschaft der Laufräder: Jedes Kind regelt mit seinen Beinen und Füßen die Fahrt auf dem Laufrad ganz individuell und unmittelbar - und immer in Kontakt zum sicheren Boden. Stärke und Frequenz des Abstoßens verhalten sich umgekehrt proportional zum Sicherheitsbedürfnis und zur Vorsicht der Kinder, das Laufradfahren zu entdecken.

Mit anderen Worten: Die größte Hürde für das "laufradlernende" Kind, ist das Halten des Gleichgewichtes. Es wird die Füße anfangs viel am Boden haben – dies verschafft ihm das Gefühl von Sicherheit. Erst nach und nach wird es Füße und Beine als antreibende und zugleich bremsende Kräfte ausprobieren und sich damit auch höhere Geschwindigkeiten und vermehrte Richtungswechsel zutrauen. Haben Sie Geduld mit Ihrem Kind und lassen Sie ihm sein Tempo, das Laufrad für sich zu erobern.

Kinderlaufräder und ihre Eigenschaften

Verwendete Rahmenmaterialien bei Laufrädern

Ob man sich für die Materialien Holz (Birken-/Buchensperrholz, z.B. die LikeaBike Laufräder von Kokua), Metall, (z.B. von Puky) oder Kunststoff (GFK-Polyamid bei FirstBike Laufrädern von Coertech) entscheidet, ist eine Frage von Haltbarkeit/Langlebigkeit, dem Gewicht und schließlich vom Geschmack bzw. Design.

Grundsätzlich haben wir die Erfahrung gemacht, dass alle von uns geführten Laufräder eine so lange Lebensdauer haben, dass sie auch zwei Kindergenerationen überstehen. Selbst die vermeintlich anfälligsten Laufräder aus Holz verzeihen die ein oder andere Regennacht im Garten und erfreuen sich auch nach 5 Jahren immer noch großer Beliebtheit.

Beim Gewicht sind die Unterschiede größer. Während das Puky-Modell LR1 aus Stahl mit knapp 5 kg daherkommmt, wiegt das größenvergleichbare Modell aus Holz von kokua nur gute 3 kg (Spoky). Zweifellos sind leichtere Laufräder für die Kleinen besser zu halten, zu heben und damit auch leichter zu beherrschen. Aber reduziertes Gewicht hat eben auch seinen Preis.

Bereifung

Angeboten werden Schaum-, Polyurethan (PU) bzw. Vollgummibereifung sowie Luftbereifung. Nicht luftbereifte Modelle federn relativ hart ab und eignen sich eigentlich nur für sehr glatten Untergrund oder die (große) Wohnung. Die mittlerweile sehr viel verbreitetere Luftbereifung federt sehr viel weicher ab, hat mehr Griff und eignet sich daher wesentlich besser für alltägliche Fahrten auf unterschiedlichen Untergründen. Sie sind allerdings auch vermeintlich pannenanfälliger.

Lenkeinschlagsbegrenzung

Ein weiteres Unterscheidungskriterium ist die Lenkeinschlagsbegrenzung. Die Meinungen über Sinn, Unsinn oder sogar Gefahr einer Lenkeinschlagsbegrenzung gehen weit auseinander. Beispielsweise hat sich Puky ganz bewußt gegen eine Begrenzung entschieden, da sie der Meinung sind, dass die Verletzungsgefahr durch Fallen auf das Lenkerende geringer ist. Kokua wiederum argumentiert mit der Gefahr des "Wegrutschens" beim Fahren von zu engen Kurven und auch der größeren Instabilität beim sthenden Laufrad.
Aus unserer Erfahrung können wir sagen, daß beide Prognosen für die Praxis nicht wirklich relevant sind. Stürze und leichte Unfälle sind ganz normal und keine der beiden Varianten ist, aus unserer Sicht, eine reale Gefahr für ernsthafte Verletzungen. Entscheiden Sie selbst, welche Variante Ihne für Ihr Kind sinnvoller erscheint und mehr zusagt.

Sinnvolles Zubehör für Laufräder

Handbremsen können bei älteren Kindern ratsam sein

Einige Laufräder sind mit Handbremse ausgestattet oder nachrüstbar. In der Regel sind Kleinkinder zwischen 2 und 3 Jahren noch gar nicht in der Lage eine Handbremse zu betätigen. Einerseits sind die zwei(!) Bewegungsabläufe( Laufrad fahren und Handbremse betätigen) in dem Alter noch viel zu komplex, andererseits haben 2-3 Jährige meist noch gar nicht die Kraft, eine Handbremse wirksam zu betätigen.

Erst ab einem Alter der Kinder von 3 Jahren kann über die Handbremse als ergänzende Ausstattung nachgedacht werden. Insbesondere bei häufigen Fahrten auf leicht abschüssigem Gelände und als unmittelbare Vorbereitung auf die Handbremse am Fahrrad, kann die Bremse am Hinterrad(!) des Laufrades ein sinnvoller Zusatz sein. Erwarten Sie allerdings nicht und verlassen sich nicht darauf, dass sie von Ihrem Kind auch effektiv eingesetzt wird.

Seiten-Ständer für das Laufrad

Ein Ständer am Laufrad ist kein Muß, kann aber sorgsames Umgehen trainieren und damit auch die Lebensdauer des Laufrades erhöhen.

Beleuchtung am Laufrad

Entscheiden Sie: Normalerweise sollte Ihr laufradfahrendes Kind nicht im Dunkeln unterwegs sein, auch nicht an dunklen Winternachmittagen und schon gar nicht in einer Umgebung, wo es darauf ankommt gesehen zu werden! Wenn Sie das Laufrad dennoch mit einer (Akku-)Lichtanlage ausstatten möchten, die Sie ggf. häufig instandsetzen müssen, sei Ihnen das unbenommen. Achten Sie jedoch auf eine sichere Befestigung der Leuchten und stellen Sie sicher, daß von Ihnen keine Verletzungsgefahr bei Stürzen ausgehen kann.

Anhänger, Taschen, Lenkerkörbe am Laufrad

Da das Laufrad nicht nur Fortbewegungsmittel sondern auch Spielzeug für die Kinder ist, lohnt es sich, bei den einzelnen Laufräden einmal nach Zubehör zu schauen. Da gibt es Anhänger oder Taschen, ein Kufenset für den Winter und viele andere schöne Dinge, mit denen die Freude am Laufrad noch erhöht und verlängert werden kann.


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